Karate- und Kobudo Weltmeisterschaft
Alle Jahre wieder findet auf Okinawa die Weltmeisterschaft im traditionellen Okinawaischen Karate und Kobudo statt. Unter Leitung von Frank Pelny reiste eine Delegation des Tesshinkan nach Okinawa, um dort im Kobudo zu starten.
Aus dem Seishinkai bzw. dessen näherem Umfeld nahmen Abteilungsleiter Hagen Walter und Steffen Kuhnke sowie Martin Mähler teil. Hagen und Martin starteten in der Kategorie Sai, Steffen in der Kategorie Bo.

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Für Steffen lief es leider nicht so gut wie erhofft, dafür lief es für Hagen und Martin umso besser – bis sie sich im Viertelfinale gegenüber standen. Beide liefen ihre Kata, stellten sich auf und erwarteten die Fahnen. Das waren Sekunden des Schreckens. Die Fahnen erhoben sich. Jeder zählte. Rot war öfter oben. Hagen hat diese Runde gewonnen. Martin brauchte sich seiner Leistung aber nicht schämen und er hat es sogar geschafft in den vorherigen Runden über einen Japaner zu triumphieren.
Hagen konnte auch das Halbfinale gegen einen Okinawaner mit Tawata-no Sai klar für sich entscheiden. Nun stand das Finale an – in vier Stunden. Aber machen wir’s kurz: Hagen hat’s gewonnen und Tamayose Sensei standen vor Glück Tränen in den Augen.
Hagen hat damit in der Kategorie zum zweiten Mal einen Weltmeistertitel erringen können.

Okinawa-Reise 2018
Neben dem ganzen Wettkampftrubel gab es natürlich auch viel Training bei Tamayose Sensei. Die ersten zwei Trainings absolvierten wir in einer Turnhalle in Chinen nahe dem Seifa Utaki, einem heiligen Hain. Das dritte Training absolvierten wir im Dojo von Gibo Giyo (10. Dan Shorin Ryu Shorinkan). Gleichzeitig trainierten dort auch eine indische und eine französische Trainingsgruppe, so dass wir uns bei diesem Training auf eine Generalprobe der Kata beschränken mussten. Ich wurde während dieses Trainings ausgewählt für die indische Gruppe eine Vorführung mit Tinbe und Rochin (Schild und Speer) zu geben.
Nach diesem Training, dass zugegebener Maßen nicht allzu anstrengend war, beschlossen Martin und ich im Asato-Dojo von James Pankiewicz gegenüber der Dojo-Bar noch etwas Prüfungsvorbereitung zu treiben. Dort trafen wir auf zwei Inder, die uns sofort begrüßten. Mich kannten sie beim Namen… . Anscheinend hat sich mein Name seit 2015 doch etwas herumgesprochen. Die beiden Herren stammten aus dem Shinbukan, der Organisation von Akamine Sensei, und ich kann sagen, dass die beiden ziemlich gut waren. Während des Seminars und der Parties haben wir uns noch häufiger unterhalten.
Während der Weltmeisterschaft konnte ich viele sehr gute Karateka während der Vorbereitung beobachten. Wir reden nicht nur von dreißigjährigen Athleten. Auch die älteren Herren über 50 bewegten sich teilweise agil wie Tiger. Während des dritten Tourniertages erblickte ich jemanden, den ich bereits auf Youtube gesehen habe, und dessen Kata-Performance mich einfach nur fasziniert hat: Yogi Katsuya. Wie ein kleines Schulmädchen war ich etwas aufgeregt und habe überlegt, ob ich ihn ansprechen sollte oder nicht. Er stellte sich als sehr freundlicher Herr, der sogar Englisch sprach, heraus. Ach ja, er hat übrigens in seiner Kategorie (Shurite-Tomarite Adult II) gewonnen.
Direkt im Anschluss an die Siegerehrung hatte ich auch so einen Fan-Girl-Moment, wo mich zwei schüchterne Japanerinnen (eine sprach sogar Deutsch) um ein Foto baten.
Zur Sayonara-Party wurde ich unter anderem ausgewählt, eine kleine Rede zu halten, die ich hier gern nochmal wiedergeben möchte:
Good evening everyone.
During an interview following the tournament, I was asked whether the tournament increased my Okinawan spirit.
No, it did not, but the preparation did.
Spending countless hours at the Dojo continuously for more than a year with a goal in mind. Steadiness and continuity – that is Okinawan.
Devoting your time to Kihon with your students or alone – that is Okinawan.
Receiving support from your friends, family and Sensei – that is Okinawan.
Thank you, everyone.

Die WM hatte insgesamt ein sehr angenehmes Klima. Die Leute waren freundlich und man hatte Gelegenheit, die vielen Sprachbrocken, die man an der Universität erworben hat, einzusetzen. Zu einem Interview wurde ich übrigens auch eingeladen, welches als Podcast zur finden ist (Okinawa Karate Podcast).
Für Martin und mich war der Stress allerdings noch lange nicht vorbei. Am 6. August fanden noch die Shorin Ryu-Dan-Prüfungen statt. Martin stellte sich dem 2. Dan Shorin Ryu Karate und ich stellte sich dem 4. Dan. Wir haben bestanden und Tamayose Sensei hat uns gelobt – insbesondere unsere Hüftarbeit.
Am vorletzten Tag unserer Reise hatten Martin und ich nochmal die Gelegenheit bei Tamayose Tetsushi, dem Sohn unseres Lehrer zu lernen. Wir hatten noch nie die Möglichkeit, allein mit Tetsushi-Sensei zu üben. Es war großartig: Hebel, Vitalpunkte und Back-Up-Pläne. Später stieß Tamayose Sensei auch noch dazu und beobachtete uns beim Training. Zwischendurch hat er immer mal kommentiert und noch fiesere Variationen der Techniken gezeigt. Ich kann ehrlich sagen, dass dieses Training, ähnlich wie das im letzten Jahr, augenöffnend war. Vielen Dank, Sensei!
A propos Bekanntheit, im Kneipendorf nahe der Kokusai-Dori erkannte man uns wieder… .
Frank Pelny Sensei bekam übrigens die Shihan-Lizenz verliehen und wurde zum Shibu-Chô von Europa ernannt. Herzlichen Glückwunsch.
An dieser Stelle nochmal meinen Dank an Steffen, der uns logistisch während der weiteren WM-Runden bestens unterstützt hat.